„Meine Kirche schon.“ Mit diesem Protestruf will die neue Initiative #meinGottdiskriminiertnicht digital laut sein. Hier stellen sie sich und ihre persönlichen Beweggründe zu Kampagnenbeginn vor.

Mit Diskriminierungserfahrungen werden in der katholischen Kirche viele Menschen konfrontiert, wenn nicht mindestens die Hälfte aller Katholik*innen. Denn es ist die kirchliche Struktur selbst, die Menschen z. B. aufgrund ihres Geschlechts und/oder ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert.

Im kirchlichen Milieu kommt hinzu, dass den Betroffenen ihre Diskriminierungserfahrung oft auch noch abgesprochen wird, nicht selten mit dem Verweis auf eine göttliche Legitimation der bestehenden Ordnung. Anstelle die Beschränkung des Zugangs zu den kirchlichen Ämtern allein auf Männer und die Verweigerung des Sakramentes der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare als Unrecht anzuerkennen, wird von Seiten der Kirchenleitungen immer wieder die Dialogbereitschaft wiederholt, aber keine Änderung vorgenommen. Auch auf dem Reformprozess des Synodalen Weges wird mittlerweile die Asynchronität zwischen kirchlichen und gesellschaftlichen Debatten festgestellt und thematisiert.

Währenddessen werden – im Standesamt gegenüber – seit drei Jahren vor dem Staat Ehen auch zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren geschlossen, beim Bürgeramt ist das dritte Geschlecht eingeführt und seit fast 15 Jahren regiert in der Bundesrepublik eine Kanzlerin. Nichts davon macht mehr große Schlagzeilen. Würde man das Amt der*des Bundeskanzler*in zukünftig nur noch geweihten Männern vorbehalten, wären die Schlagzeilen allerdings garantiert.

Die katholische Parallelwelt

Als junge Katholik*innen sind wir in der beschriebenen Gesellschaft groß geworden, die sich immer mehr für die Gleichberechtigung der Geschlechter einsetzt und sich in ihrem Grundgesetz darauf verpflichtet hat. Dass es dabei mehr als die Bipolarität der Geschlechterkonstruktion von Mann und Frau gibt, ist für uns selbstverständlich geworden.

Die Schizophrenie, daneben Teil der Parallelwelt des Katholizismus zu sein, ist für uns daher kaum mehr auszuhalten und vor uns selbst und vor anderen immer schwieriger zu rechtfertigen.

Spätestens nach der Veröffentlichung der MHG-Studie 2018, die im derzeitigen römisch-katholischen Kirchensystem Faktoren identifiziert hat, die sexuellen Missbrauch durch Kleriker an Minderjährigen begünstigen, sehen wir uns endgültig vor die Frage gestellt: gehen oder bleiben?

Gehen oder bleiben?

Denn wie können wir weiterhin Teil einer Kirchenstruktur sein, die Missbrauch begünstigt, wenn die Pluralität innerhalb des Christentums Alternativen für uns bietet? Möchten wir als junge Katholik*innen noch Teil einer Kirche sein, die Menschen aufgrund ihres Geschlechts und ihrer sexuellen Orientierung offen diskriminiert? Wollen wir katholisch bleiben, wenn wir zu einem großen Teil selbst von diesen Diskriminierungserfahrungen betroffen sind? Wollen wir zukünftig für eine Kirche arbeiten, die uns als Theologiestudentinnen gegenüber unseren männlichen Kommilitonen in unserer Berufswahl massiv einschränkt?

Wie die neusten Kirchenaustrittszahlen, die aktuell auf einem historischen Höchststand sind, zeigen, haben sich indes viele für das Gehen entschieden. Die Gründe sind nachvollziehbar. Wir wollen (vorerst) bleiben. Es ist ein Katholisch-Sein auf Zeit. Dieses steht aber unter dem Motto: Teil der Veränderung sein – denn wir wollen weder gehen noch im Status quo bleiben.

Mein Gott* diskriminiert nicht!

Die Entscheidung für das Bleiben ist eine Entscheidung für ein Bleiben in der Form des Protestes. Aus diesem Grund haben wir – vier Theologiestudentinnen aus Freiburg – die Initiative #meinGottdiskriminiertnicht gegründet. Denn die Diskussionen um die Struktur der Kirche hängen für uns unmittelbar mit der Frage zusammen, für welchen Gott* diese Strukturen authentisch stehen. In unseren Augen erzählt das diskriminierende Kirchensystem nicht von Gott*, die*der Liebe ist und Freiheit will. Es macht die Rede von dieser*m vielmehr unglaubwürdig.

Anstatt sich an der überlieferten jesuanischen Gerechtigkeit zu orientieren und sich für marginalisierte und diskriminierte Menschen einzusetzen, handelt die römisch-katholische Kirche in unseren Augen im Sinne der Marginalisierenden und Diskriminierenden. Als Netzaktivist*innen wollen wir die Vision einer inklusiven Kirche und Theologie dagegenstellen, die diskriminierungsfrei sein will.

Was wir fordern

  • Den Zugang zum Amt für alle, die sich dafür qualifiziert haben – unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung.
  • Eine Demokratisierung kirchlicher Strukturen, weg von der alleinigen Fokussierung auf das Priesteramt.
  • Das Ende jeder Diskriminierung von Menschen z. B. aufgrund ihres Geschlechtes oder ihrer sexuellen Orientierung.

Was wir tun: Netzaktivismus!

Mit unserer Plattform meingottdiskriminiertnicht.de und unserer Präsenz auf Twitter und Instagram wollen wir Gleichgesinnte in Initiativen und Verbänden, die es jetzt schon in großer Zahl gibt, digital vernetzen und gemeinsam gegen strukturelle Ungerechtigkeiten der römisch-katholischen Kirche protestieren. Darüber hinaus wollen wir über das Thema Gendergerechtigkeit und römisch-katholische Kirche informieren und anhand persönlicher Geschichten alltägliche Diskriminierungserfahrungen im Raum der Kirche sichtbar machen, damit sie nicht länger totgeschwiegen werden. Denn wir sind hier, und wir sind laut – als junge Katholik*innen.

Wir wollen eine diskriminierungsfreie Kirche, die dem*r gerechtigkeitsliebenden Gott* treu ist, damit wir wieder gerne katholisch sind. In diesem Sinne hoffen wir auf viel Unterstützung von euch: Macht mit!

Hashtag der Woche: #meinGottdiskriminiertnicht


(Beitragsbild @meinGottdiskriminiertnicht)

#meinGottdiskriminiertnicht

versteht sich als digitaler Protest für eine diskriminierungsfreie röm.-kath. Kirche. Die Initiatorinnen - Luisa Bauer, Lisa Baumeister, Franziska Schmid und Claudia Danzer - wollen mit ihrer Initiative Gleichgesinnte vernetzen und dem Thema Gendergerechtigkeit in der röm.-kath. Kirche eine Plattform geben.

3 Replies to “Mein Gott* diskriminiert nicht!

  1. Ich finde es sehr mutig, notwendig und bewundernswert, dass Sie diese Initiative gestartet haben, besonders, da Sie als Theologiestudentinnen natürlich direkt betroffen sind. Herzlichen Dank und viel Erfolg!

  2. Ihrer Initiative wünsche ich viel Erfolg!!!!
    Das sind genau die Punkte , die mir auch am Herzen liegen.
    Ich hoffe deshalb auf viel Resonanz in den sozialen Medien!
    Mit der Zeit wird sich was ändern!!!
    Mit schwesterlichen Grüßen
    Marie Eldenburg

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