Die Osterbotschaft lautet: „Christus ist auferstanden!“, wenn darauf der Ausruf „April, April!“ folgt, dann ist nicht Ostern, sondern der 1. April. Da in diesem Jahr beides zusammenfällt, geht der Neutestamentler Andrew Doole auf Erkundungstour durch die vier Evangelien und fragt: Wie glaubwürdig ist der Glaube an die Auferstehung Jesu?

Josef von Arimathäa kommt nach Hause und sagt zur Frau „von Arimathäa“:
– „Schatz, ich muss dir was gestehen.“
– „Was denn, Liebling?“
– „Dieses schöne Grab, das wir gekauft haben und schön ausgestattet haben…“
– „Ja?“
– „Ich habe Jesus von Nazareth da reingelegt.“
– „Unser Grab! Für das wir so viel Geld ausgegeben haben! Unser letzter Ort, wo wir die Ewigkeit miteinander verbringen wollte! Das uns die Hälfte deiner Pension gekostet hat! Und jetzt hast du irgendeinen Galiläer da reingelegt?! Das gibt’s doch gar nicht!“
– „Keine Sorge, Schatz,“ versucht er sie zu beruhigen. „Es ist nur über‘s Wochenende.“

Christus ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! Wahrhaftig. Ernsthaft. Ohne Schmäh. Diese Formulierung „wahrhaftig“ verrät irgendwie eine (liturgische) Notwendigkeit, Zweifel an der Auferstehung zu beseitigen. Denn es gab (und gibt und wird geben) Leute, die das nicht ernst nehmen können.

Das berühmteste Beispiel aus der Bibel ist Thomas, der (leider) als „der Zweifler“ in die Kulturgeschichte eingegangen ist, als ob das seine Hauptleistung als Jünger Jesu war. Die Szene, in der Thomas eingeladen wird, den auferstandenen Jesus physisch zu untersuchen, endet mit der Aussage:

„Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ (Joh 20,24–29).

Ein gewisses Vertrauen ist angesagt. Oder Naivität?
Thomas ist aber nicht allein, denn „einige aber hatten Zweifel“ (Mt 28,17b). Oder sogar alle: „Diese Reden schienen ihnen wie Geschwätz, und sie glaubten ihnen nicht.“ (Lk 24,11) Das wird auch im Anhang zum Markusevangelium berichtet (Mk 16,9–14), als die Jünger weder Maria Magdalena noch den zwei Weggefährten glauben:

„Später erschien Jesus den Elf selbst, als sie bei Tisch waren; er tadelte ihren Unglauben und ihre Verstocktheit, weil sie denen nicht glaubten, die ihn nach seiner Auferstehung gesehen hatten.“
Und „sie erschraken und hatten große Angst, denn sie meinten, einen Geist zu sehen.“ (Lk 24,37)

Ein Kritikpunkt der antiken Gegner des Christentums bestand darin, dass sich der auferstandene Jesus weder dem Statthalter Pontius Pilatus noch dem Kaiser Tiberius zeigte, sondern zuerst ein paar Frauen und dann den 11 Männern (nur Paulus erwähnt in 1 Kor 15,5–6, dass Jesus den 12(!) Jüngern erscheint und dann einer Versammlung von 500 Menschen).
Und der angeblich auferstandene Jesus muss irgendwie anders aussehen: Maria Magdalena hält ihn für einen Gärtner (Joh 20,15), zwei seiner Jünger gehen und reden mit ihm, ohne ihn zu erkennen (Lk 24,13–25), letztlich muss er seine Wundmale zeigen, damit sie akzeptieren, dass er wirklich Jesus ist (Joh 20,19–29), und sogar Petrus tut sich schwer, ihn zu identifizieren (Joh 21,4–7)! Es könnte der Eindruck entstehen, dieser Mann ist gar nicht Jesus, wenn er sogar für seine engsten Freund:innen und Freunde so schwer zu erkennen ist.

Ist die Auferstehung der größte – und erfolgreichste – Aprilscherz aller Zeiten? Die Evangelien geben sich auf jeden Fall Mühe, zu beweisen, dass die Frauen nicht einfach irrtümlich am falschen Grab waren:

„Seht, da ist die Stelle, wohin man ihn gelegt hat.“

sagt der mysteriöse junge Mann in Mk 16,6. Das ist ein wichtiger Hinweis, denn antike Gräber waren nicht für Einzelpersonen gedacht, sondern bestanden aus mehreren Nischen (loculi). Das Johannesevangelium beseitigt die Irrtumsmöglichkeit umso effektiver, denn dort heißt es, Jesus wird in ein neues Grab gelegt (Joh 19,41), d.h. er ist der erste und noch einzige Kunde. Die Frauen machen keinen Fehler, weil sie keinen Fehler machen können! Die Stelle wo Jesus gelegen ist, ist leer! Und das wird dann sogar noch von Männern überprüft (Joh 20,3–8).

Wie ist Jesus aus dem Grab gekommen? Im Markus-, Lukas- und Johannesevangelium ist der große Stein schon zur Seite gerollt worden, als die ersten Zeug:innen am Grab ankommen. Jesus ist weg. Zu spät. Dahingegen sind im Matthäusevangelium die zwei Frauen Augenzeuginnen eines Wunders, oder eines Zaubertricks, oder beides, denn sie sehen alles, was da abläuft:

„Ein Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat an das Grab, wälzte den Stein weg und setzte sich darauf.“ (Mt 28,2b)

Dennoch ist das Grab schon leer! Und der Assistent des Zauberers lädt ein: „Kommt her und seht euch den Ort an, wo er lag!“ (Mt 28,6b) Ta-da!

Wer wird also ausgetrickst? Grabraub war in der Antike ein häufiges Phänomen. Der Vorschlag „der Hohepriester und Pharisäer“, eine Leibwache aufzustellen, ist sicherlich gerechtfertigt,

„sonst könnten seine Jünger kommen, ihn stehlen und dem Volk sagen: Er ist von den Toten auferstanden. Und dieser letzte Betrug wäre noch schlimmer als alles zuvor.“ (Mt 27,62–66)

Die Idee vom Grabraub des Leichnams Jesu dauerte an bis in die Zeit, in der das Evangelium geschrieben wurde (Mt 28,15b).

Wenn also die Frauen nicht zum falschen Grab gegangen sind – denn sie haben sehr genau beobachtet, wohin Jesus gelegt wurde (Mk 15,47) – und die Männer ebenso verwirrt sind: Wer kann Jesus dann gestohlen haben? Eine Verschwörungstheorie müsste sich dann doch um Josef von Arimathäa bilden. Er war es, der Jesus beigesetzt hat und körperlich in der Lage war, den Stein zu bewegen (Mk 15,46). Jesus ist Sonntag in der Früh vor Sonnenaufgang nicht mehr da; der Engel, der den Stein wegwälzt, liefert hierfür nur den Beweis.

Aber als Bibelwissenschaftler habe ich nichts übrig für Verschwörungstheorien. Wir arbeiten mit schriftlichen Überlieferungen und versuchen, die vor uns liegenden Daten so gut wie möglich zu interpretieren. Diese „Daten“ sind – vor allem – die vier kanonischen Evangelien, die uns je unterschiedliche Darstellungen vom Ostersonntag bieten: Wer genau wo wann war, ist überhaupt nicht klar. Das wurde auch schon in der Antike festgestellt. Der Kirchenhistoriker Euseb von Cäsarea hat in seiner Korrespondenz mit Marinus versucht, diese Fragen ausführlich zu beantworten: Wie viele Frauen waren am Grab anwesend und um wieviel Uhr, wie viele Männer, oder doch Engel, und wer saß genau wo? Euseb legte die Berichte der vier Evangelien nebeneinander und kam zu dem Schluss, dass es mindestens vier Engel gegeben habe und zwei Maria Magdalenas, die zu unterschiedlichen Zeiten am Grab ankamen! Ist das kompliziert!

Ich kann nur sagen: Wenn das alles ein großer Betrug war – der größte Aprilscherz aller Zeiten – dann ist es ein ziemliches Durcheinander. Die Evangelien bezeugen eher die Unsicherheiten der ersten Christ:innen und das Ringen darüber, wie von der unglaublichen (oder unglaubwürdigen) Erfahrung der Auferstehung erzählt werden kann. Und da ist die Lage sehr komplex. Glaubt mir!

Hashtag der Woche: #aprilapril


Beitrasbild: @Kelly Sikkema

dr. j. andrew doole

ist Universitätsassistent für Neues Testament und Leiter des Instituts für Bibelwissenschaften und Historische Theologie an der Universität Innsbruck. Seine Forschung deckt eine Breite historischer und exegetischer Fragen rund um Jesus, Paulus, Barabbas & Co ab.

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