„Auch Maria menstruierte“ (Maria, die heilige Mutter Gottes; Anm. d. Redaktion), diese Aussage ist Siljarosa Schletterer in der letzten Zeit sehr wichtig geworden. Die Autorin und Kulturvermittlerin schreibt gerade einen Lyrikzyklus über Maria und versucht diese schlicht und einfach als „eine Frau“ zu sehen und zu verstehen. Anlässlich des Weltfrauentages am 8. März hat uns die Autorin zwei Gedichte ihres noch unveröffentlichten Bandes zur Verfügung gestellt. 

 

[maria als vorbild]

+ zack: bilden sich bilder im kopf
+ wir: arbeiten uns ab

nimm dir ein beispiel an maria sagt man|n*
maria war rein + gehorsam
maria war ruhig + sexuell inaktiv
aber
                maria war mehr + maria war anders

sie war eine die lebte + liebte
sie war eine leidenschaftliche frau*
sie war mutig + unabhängig
sie sprengte konventionen
+ klischees

sie übernimmt verantwortung
sie spricht uns + sich los
sie spricht + bricht
machtstrukturen durch

nimm dir ein beispiel an maria sagt man|n*
maria war demütig + naiv
maria war passiv + willig
aber
                maria war mehr + maria war anders

sie war eine die nach berufung strebte
eine die hinhörte + aufhorchen ließ
eine die den mut hatte blut zu bekennen
+ eine die ihren weg ging
allen erwartungen zum trotz

nimm dir ein beispiel an maria sagen auch wir
denn
                maria ist mehr + maria ist anders

+ wie du
+ ich

 

 [lasst uns klartext sprechen]

maria war ein mensch
ein mensch mit einem körper

ein körper
mit augen + ohren
mit brüsten + beinbehaarung

ein körper
mit händen + füßen
mit unterleib + uterus

d.h. auch maria menstruierte
kannte hormonschwankungen
+ vieles mehr

aber wieso all das aussprechen?

weil (ihre*) körperlichkeit immer +
immer wieder angebetet
zugleich zensuriert wird

aber darin liegen wir
mit unserer kraft
+ verantwortung

es gibt zeiten für metaphern
+ zeiten für aussagen
                   auch am 8. märz

 

Hashtag: #mariamenstruierte


Aus:
Siljarosa Schletterer „maria – eine frau“
(noch unveröffentlicht)

Beitragsbild: @monika kozub

 

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siljarosa schletterer

ist Autorin, Fluss- und Lyrikaktivistin. Sie erhielt verschiedene Stipendien und Auszeichnungen. Zuletzt erschienen „azur ton nähe – flussdiktate“ (Limbus Lyrik 2022). Derzeit arbeitet sie an einem Lyrikband über Sexualität und Epigenetik.

One Reply to “Maria als Vorbild am 8. März”

  1. Also Kind habe ich mit Maria nichts anfangen können. Jesus,das war mein Freund, immer für mich da… Mit meiner ersten Schwangerschaft und Geburt hat sich das geändert. Ich hatte etwas mit ihr gemeinsam. Vor allem die Gefühle für meine Kinder. Ob Maria Sex hatte oder nicht,das war für mich noch nie relevant. Sie ist für mich Vorbild in ihrem bedingungslosen Ja sagen, zu den Dingen die Gott zulässt, in dem Vertrauen,das es richtig ist und zum Schluss alles passt. Davon habe ich aber keine Ahnung. nicht was ich wünsche ist richtig, sondern was Gott für mich wünscht. so kann ich Dinge annehmen und ertragen die ich nicht mag,und ich schöpfe Kraft mich den Dingen zu stellen. Den Gott mutet mir, wie Maria,nur zu,was ich auch vertrage um daran zu wachsen. Gott will mich ja nicht kaputt machen. Und das zeigt,wie stark Maria war, was Gott ihr zugemutet hat.
    Meine Kinder los lassen, weil sie mir nicht gehören, sondern nur sich selber, das ist die bewusste schmerzliche Erfahrung, die ich mit Maria vom ersten Moment an geteilt habe. Bei ihr kamen die Hirten und später so viele Menschen.

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