Claudia, Lydia und Mo schreiben heute über poly lebende Menschen und den Verein NepoMuK e.V. ─ weshalb es ihn gibt, was sie tun und wie es so ist, sich auf einem Kirchentag als poly zu outen.
„So einen Verein gibt es?! Und ihr seid auf dem Kirchentag!“
begleitet von einem Lächeln oder einem Blitzen in den Augen, in dem ich eine Spiegelung meiner eigenen Verwunderung und Hoffnung und Freude zu sehen glaube, die ICH hatte, als ich von Nepomuk erfuhr.
Solche Sätze fielen sehr oft an unserem Stand auf dem Markt der Möglichkeiten des evangelischen Kirchentags in Nürnberg. Manchmal blieb es bei langen Blicken, die an unseren Vereinsplakaten hängen blieben: Netzwerk polyamore Menschen und Kirche.
Viel öfters aber entstanden tolle Gespräche. Mit selber poly lebenden Menschen. Mit Menschen, deren Freund*innen und Verwandte poly leben. Mit Hauptamtlichen der evangelischen Kirche, die im Rahmen ihrer Arbeit mit Polyamorie und ähnlichen Konzepten in Berührung gekommen sind. Und mit Menschen, die noch nie mit dem Thema zu tun hatten oder bisher nur davon gehört hatten. Die meisten, die uns ansprachen, sagten so etwas wie: „Schön, euch zu sehen!“. Ein geäußertes Erstaunen galt fast nie der Tatsache, dass es Menschen gibt, die poly leben. Die Überraschung galt der Entdeckung, dass Menschen auf dem Kirchentag, sowohl engagierte Lai*innen als auch Ordinierte, sich offen als poly outen. Dass es da Menschen gibt, die sich gemeinsam organisieren und sagen: „Guckt hier, es gibt uns innerhalb der Kirchenmauern und wir möchten mit euch reden und uns mit unseren Lieben nicht verstecken.“
Poly lebende Christ*innen
In dem 2019 gegründeten Verein sind wir mittlerweile eine stabile zweistellige Zahl von zumeist evangelischen und katholischen Christ*innen. Viele Mitglieder unseres Vereins leben auf verschiedene Weisen einvernehmlich nicht monogam. Sie führen Vertrauens- und Liebesbeziehungen mit mehreren Personen und in selbstgewählten Familienformen. Sie finden für sich passende Lebenswege, oft jenseits heteronormativer Identitäten und Beziehungen. Manche Mitglieder leben nicht poly, finden das Anliegen aber so wichtig, dass sie uns mit ihrer Mitgliedschaft unterstützen möchten. So verschieden unsere Lebensmodelle auch sind: Grundlage ist bei allen die informierte Zustimmung der Beteiligten. Gemeinsam haben wir als Mitglieder auch unseren Glauben als Christ*innen. Wie Poly und Glauben jeweils zusammenhängen, ist für jede*n von uns verschieden.
Für uns ist der Verein und die Vernetzung unter den NepoMuKl eine sehr stärkende und motivierende Sache: G*tt ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in G*tt und G*tt in uns! (1 Joh 4,16) Was für eine Zusage – warum sollte die nicht genau für uns Polys gelten? Miteinander einvernehmliche Beziehungen eingehen, uns annehmen wie wir sind, miteinander teilen, was wir haben und geben können – all das hat mit Polyamorie zu tun. Niemanden besitzen, miteinander kommunizieren, ringen, wachsen, Konsens finden – all das lernen wir dabei. Und wir wissen uns geliebt: von G*tt, von Menschen um uns herum, und immer mehr auch von uns selbst. Das fühlt sich wunder*bar an und wir sind dankbar dafür!
All das ist so wichtig! – Wir als Verein wünschen uns, dass unsere Kirchen das sehen und wertschätzen, denn G*tt hat jede*n von uns wunderbar gemacht (Ps 139,14). G*tt hat uns die Liebe geschenkt und Liebe wird mehr, wenn wir sie teilen… NepoMuK e.V. gibt uns die Hoffnung, dass wir irgendwann selbstverständlich auch mehr als zwei Menschen segnen werden, wenn sie vor dem Altar stehen und um G*ttes Segen für ihren gemeinsamen Weg bitten.
NepoMuK e.V.
In den zwei großen christlichen Kirchen und den staatlichen Regelungen in Deutschland wird unter einer Trauung oder Segnung zumeist die Verbindung zweier Menschen verstanden, anerkannt und genehmigt. Durch den Fokus auf die Ehe – in der katholischen Kirche sogar ein Sakrament – ist im Kontext von Kirche, unserer Erfahrung nach, das gewisse Unwohlsein, gegenüber anderen von mehreren Partner*innen zu sprechen, oft noch größer als an anderen Orten. Und andersherum gibt es auf Poly-Stammtischen, die sich mittlerweile in jedem größeren Ort problemlos finden lassen, häufig große Fremdheit oder ein Misstrauen gegenüber den Themen Glaube und Kirche.
Wir haben den Verein gegründet, um uns untereinander zu vernetzen und nach innen und außen sichtbar zu werden. Wir möchten Anlaufstelle für Menschen sein, die selbst poly leben, aber auch Ansprechpartner*innen für solche, die anderweitig mit dem Thema in Berührung kommen und sich informieren wollen.
All das prägt unsere Vereinsarbeit: Mit dem „Salon NepoMuK“ haben wir ein monatliches Online-Treffen gestartet, zu dem alle interessierten Menschen – nicht nur Vereinsmitglieder – eingeladen sind, um sich auszutauschen über persönliche Themen aber auch darüber, was wir als Verein als Nächstes starten wollen. Wer hat Lust auf einen Austausch zu den neu erscheinenden Trau-Agenden? Eine Handvoll NepoMuKl! Können wir network mit queeren Anlaufstellen in den Kirchen starten? Bestimmt! Zum Katholikentag 2024 in Erfurt? Leider nein, denn unsere Personaldecke lässt das derzeit leider noch nicht zu. Das ist schade, denn bisher haben wir weniger katholische als evangelische Mitglieder und so ein Katholikentag wäre natürlich die ideale Gelegenheit, das zu ändern. Du hast Lust, uns weiter kennenzulernen? Schreib uns an und komm vorbei beim Salon NepoMuK.
Claudia, Lydia und Mo für den Verein NepoMuK e. V.
Hashtag der Woche: #NepoMuK
(Beitragsbild: @NepoMuK)