Wir haben Karl Rahner SJ bereits zu allerlei Themen Fragen gestellt. Aber liebt er auch das Leben, die Liebe und die Lust? Rahner spricht Karltext zum Rosenmontag.

y-nachten.de: Herr Rahner, wir wagen uns in weitgehend außertheologische Gefilde und sprechen über den Rosenmontag. Da stellt sich zunächst allgemein die Frage: Was hat so weltlicher Kram mit Religion und Theologie zu tun?

Karl Rahner SJ: Heute lernt die Christenheit langsam, daß sie alles im profanen Leben als Vorgang des Heils (oder eben des Unheils) leben und verstehen kann und muß, gerade damit sie nicht einem falschen Säkularismus verfällt, wie er Mode des Tages zu sein scheint. Alles, was nicht Sünde ist, aber frei und verantwortlich getan wird, ist für den Christenmenschen im Stand der Gnade Ereignis dieser Gnade, ein Stück der Heilsgeschichte, getragen vom Geist Gottes, Annahme seiner Ewigkeit.

y-nachten.de: Was kann denn die Theologie zur Fastnacht / zum Karneval sagen?

Karl Rahner SJ: Es gibt wirklich eine Zeit zum Lachen, es darf sie geben, denn auch diese Zeit ist von Gott erschaffen. Ich, das Lachen, dieser kleine, kindsköpfige Dummerling, der Purzelbäume schlägt und Tränen lacht, bin von Gott geschaffen. Ein Rühmen Gottes ist das Lachen, weil es vorhersagt die ewige Rühmung Gottes am Ende der Zeiten, da die lachen werden, die hier weinen mußten.

y-nachten.de: Ist das nicht etwas übertrieben: eine theologische Deutung des Lachens?

Karl Rahner SJ: Das Wort Gottes selbst hat die reale Analogie ausgesprochen. „Doch ihrer wird lachen der Herr“, heißt es von den Bösen im Buch der Weisheit (4,18). Gott lacht. In den Seligpreisungen bei Lukas (6,21) steht geschrieben: „Selig ihr, die jetzt Weinenden, ihr werdet lachen!“ Darum liegt auch in jedem Lachen, auch dem harmlosen und friedlichen unseres Alltags, ein Geheimnis der Ewigkeit.

y-nachten.de: Die Höhner singen: „Wir lieben das Leben, die Liebe und die Lust. Wir glauben an den lieben Gott und han auch immer Durst“. Was hat der Glaube an Gott mit Leben, Liebe, Lust und Durst zu tun?

Karl Rahner SJ: Viele Leute hören heutzutage viel Musik. Denn man kann sie heute aus dem Empfangsgerät haben wie das Wasser aus der Leitung.
Um diese Frage zu beantworten, müßte ich die 450 Seiten meines ‚Grundkurses‘ referieren. Ihre Frage wirft einfach zu viele andere Fragen auf: religionsphilosophische oder auch fundamentaltheologische wie: Wie kann ich an Gott glauben? Gibt es Gott? Kann er sich offenbaren? – um nur wenige Beispiele zu nennen.

y-nachten.de: In Köln, einer der Karnevalshochburgen, gibt es im Moment ja aus katholischer Sicht einige Gründe, sich zu betrinken. Was raten Sie den Katholik*innen dort?

Karl Rahner SJ: Ja, man erwartet immer von mir wie selbstverständlich eine Kritik eines zornigen alten Mannes an der Kirche. Kritik an der Kirche ist an sich ganz normal, ist grundsätzlich legitim. Denn die Kirche selbst bekennt im II. Vatikanischen Konzil, daß sie eine immer reformbedürftige ist.
Ich gehe davon aus, daß ein Christ in seiner Kirche bleibt – trotz allen Ärgers über sie.

y-nachten.de: „Am Aschermittwoch ist alles vorbei“: Nach dem Feiern kommt die große Ausnüchterung. Worum geht an diesem Tag und in der anschließenden Fastenzeit?

Karl Rahner SJ: Fastnacht ist zu Ende. Das Lachen hatte seine Zeit und das Weinen hat seine Zeit. Nun wird uns gesagt: Gedenke Mensch, daß du Staub bist!
In der Fastenzeit aber soll das, was immer im Leben in nüchternem Realismus gelitten werden muß und hoffend als christliche Passion gelebt werden kann, kirchlich, liturgisch und sakramental als frei liebende Teilnahme der Passion Christi öffentlich bekannt werden.

y-nachten.de: Zum Abschluss: Was ist das Getränk Ihrer Wahl?

Karl Rahner SJ: Wenn ich in ein Wirtshaus einkehre, bestelle ich ein kleines Bier. Aus Wein, so muß ich ehrlich sagen, mache ich mir nicht viel.

 

y-nachten.de: Prosit!

Hashtag: #Karltext


Alle Antworten stammen aus den Schriften Karl Rahners und wurden für das Interview von @karlrahner_sj kreativ neu angeordnet und dazu z.T. redaktionell bearbeitet.

(Beitragsbild: @xavi_cabrera)

Print Friendly, PDF & Email

prof. dr. karl rahner

war Professor für systematische Theologie mit dem Schwerpunkt Dogmatik und Dogmengeschichte in Innsbruck, München und Münster. Er nahm am Zweiten Vatikanum und an der Würzburger Synode teil. Im Jahr 2018 erschien der letzte Band seiner Gesammelten Werke.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und bin mit dem Speichern der angegebenen Daten einverstanden: