Am 11. Januar hat die Polizei mit der Räumung des Weilers Lützerath begonnen. Sie setzt damit den Anspruch des Energiekonzerns RWE durch, der den Tagebau Garzweiler II erweitern will. Dem stellen sich in Lützerath die gesamte deutsche und Teile der internationalen Klimabewegung gegenüber, die die Verstromung der verbleibenden 280 Mio. Tonnen Braunkohle unter Lützerath verhindern wollen. Teil des Widerstandes gegen die Erweiterung des Tagebaus Garzweiler II ist auch die Gruppe „Kirche(n) im Dorf lassen“, die seit 2020 kontinuierlich Gottesdienste an der Tagebaukante feiert und so ihrem Glauben an den Gott des Lebens, der den Schrei der Armen und den Schrei der Erde gehört hat, Ausdruck verleihen. „Kirche(n) im Dorf lassen“ ist auch in diesen Tagen vor Ort, um dort im Angesicht des Konflikts und der Zerstörung Gottesdienst zu feiern.
Als Theolog*innen solidarisieren wir uns mit dem friedlichen Protest im Rheinischen Braunkohlerevier. Dabei sind wir ganz besonders von dem prophetischen Handeln der Menschen der Initiative “Kirche(n) im Dorf lassen” inspiriert, die ein Vorbild für uns alle sein sollten.
Der Braunkohleabbau gefährdet weltweit Frieden und Wohlergehen vieler Geschöpfe, besonders der an den Rand gedrängten. Die Ausweitung des Tagebaus Garzweiler II ist Gewalt gegen zahlreiche Menschen, insbesondere im globalen Süden, und unsere gesamte Mitschöpfung.
Wir sind schockiert von den Bildern der Räumung und Zerstörung. Wir fordern den Hinweisen auf bereits begangene Grundrechtsverletzungen durch die Polizei, wie Verstöße gegen Presse– und Religionsfreiheit sowie die Anwendung von Schmerzgriffen, nachzugehen. Wir fordern die Polizei auf, die Gewalt sofort einzustellen.
Die Ausweitung des Tagebaus auf Lützerath ist trotz der Energiekrise nicht notwendig und bricht die völkerrechtliche Verpflichtung, das 1.5 Grad Ziel einzuhalten.
Deswegen schließen wir uns der Forderung nach einem Moratorium für die Räumung Lützeraths an, die in den vergangenen Tagen bereits von verschiedener Seite – unter anderem von Misereor, dem Diözesanrat Aachen und den Superintendent*innen der Kirchenkreise vor Ort sowie den scientists for future und vielen weiteren Organisationen wie BDKJ und KLJB – vorgebracht wurde.
Daher rufen wir alle, ganz besonders alle Theolog*innen, dazu auf:
- Wenn möglich, an der Großdemonstration am 14.1.23 in Lützerath teilzunehmen.
- Wo immer Sie sind, sich Solidaritätsaktionen in Ihren Städten und Gemeinden zur Unterstützung der Klimagerechtigkeitsbewegung in Lützerath und darüber hinaus anzuschließen oder selbst zu organisieren.
- In Ihren Lehrveranstaltungen und anderen Formaten mit Studierenden über die Klimakrise ins Gespräch zu kommen.
- Die Klimakrise in der eigenen theologischen Arbeit als das zentrale Zeichen der Zeit anzuerkennen und mit aller Kraft an einer solidarischen Bearbeitung dieser Krise mitzuwirken.
Wir richten unser Wort direkt an “Kirche(n) im Dorf lassen” und alle, die sich derzeit schützend vor Lützerath stellen: Ihr seid für viele derzeit ein Zeichen der Hoffnung wider alle Hoffnung (Röm 4,18) in einer krisengeschüttelten Welt. Wir wollen euch wissen lassen, dass ihr nicht allein seid, und euch ermutigen, an eurem Vertrauen auf die gute Schöpfung Gottes und das gute Leben für alle Geschöpfe festzuhalten. Das Johannesevangelium erzählt, wie Jesus vor seiner Verhaftung und schließlich Hinrichtung die Jünger darin bestärkt, auch in den kommenden Tagen des Leidens und des vorläufigen Scheiterns an dem gemeinsamen Weg der letzten Jahre festzuhalten: “Euer Herz lasse sich nicht verwirren! Glaubt an Gott und glaubt an mich.” (Joh 14,1) So wollen auch wir euch und alle Menschen vor Ort – welchen Glaubens auch immer – ermutigen: Bleibt bei euren guten Mächten, um den Armen die frohe Botschaft zu bringen, den Gefangenen die Entlassung zu verkünden und den Zerschlagenen Freiheit (vgl. Lk 4,18-19).
Unterzeichner*innen:
Cordula Ackermann, Kath. Theologin, Münster
Dr. Jörg Alt SJ, Ordenspriester, Sozialwissenschaftler & Sozialethiker
Lia Alessandro, Kath. Theologin, Frankfurt
Norbert Arntz, Kath. Priester, Kleve
Sarah Bach, ev.-meth. Theologin und Pfarrerin
Alois Bauer, Churches for Future, Bingen
Prof. Dr. Stefan Bauberger SJ
Prof. Dr. Katrin Bederna, PH Ludwigsburg
Anna Böck, ev. Pfarrerin
Ute Böhne, Ev. Pfarrerin, Röthenbach/Pegnitz und Schwaig
Prof. Dr. Christine Büchner, Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Markus Bürger, Theologe, Soest
Peter Bürger, Dipl. Theol., Düsseldorf
Nina Ciesielski, ev. Pfarrerin, Gelsenkirchen
Jan Niklas Collet, TU Dortmund
Matthias Colloseus, Dipl.-theol.
Dr. Marlene Deibl, Kath. Theologin, Wien
Dr. Theresa Denger, San Salvador
Hannah Drath, Theologin, Universität Paderborn
Prof. Dr. Ulrich Duchrow, Heidelberg
Prof. Dr. Ulrich Engel OP, Institut M.-Dominique Chenu, Berlin
Dr. Regina Elsner, Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien, ZOiS, Berlin
PD Dr. Brigitte Enzner-Probst, Rimsting
Pater Lukas L Essendorfer, kath. Pfarrer, München
Claudio Ettl, Dipl.-Theol. & Bildungsreferent, Nürnberg
Andrea Felden, Dipl.-Theol.& Pastoralreferentin im Bistum Aachen
Nathalie Figge, Kath. Theologin, Stuttgart
Kathrin Fingerle, Ev. Pfarrerin, Sigmaringen
Jakob Frühmann, Kath. Theologe, Wien
Christoph Fuhrbach, Speyer
Josephine Furian, Ev. Pfarrerin, Berlin
Prof. Dr. Claudia Gärtner, TU Dortmund
Philipp Geitzhaus, Geistlicher Leiter CAJ Deutschland, Münster
Rebekka Gewandt, Kath. Theologin, Halle a. d. Saale
Felician Gilgenbach, Dipl.-theol., Paderborn
Ester Gisler Fischer, ev. Pfarrerin, Dietlikon
Prof. Dr. Marion Grau, MF Wissenschaftliche Hochschule, Oslo
Prof. Dr. Andreas Gut, Duale Hochschule Baden-Württemberg, Villingen-Schwenningen
Klaus Hagedorn, geistlicher Beirat Pax Christi deutsche Sektion, Oldenburg
Dr. Dennis Halft OP, Vorstandsmitglied von Green Faith Deutschland e.V., Berlin/Trier
Mechthild Hartmann-Schäfers, Stiftung Zukunft der Arbeit und der sozialen Sicherung
Dr. Jan-Hendrik Herbst, TU Dortmund
Stefan Herbst, Dipl.-theol.
Peter Herrfurth, Landesjugendpfarrer der EKM, Magdeburg
Tobias Heymann, Evangelische*r Pfarrer
Markus Hippert, Christians for Future, Witten
Prof. Dr. Thomas Hieke, Mainz
Ulrich Hofmann, Pastoralreferent
Andréas Hofstetter-Straka, Pastoralreferent, Stuttgart
Christoph Holbein-Munske, KIB_KompetenzZentrum Internationale Bildung der KAB Deutschland, Haltern/Münster
Lisa Holzer, Geistliche Bundesleitung der KjG
Dr. Michael Hölzl, Manchester
Dr. Magdalena M. Holztrattner, Geschäftsführerin Frauen- und Sozialreferat bei Kolping Österreich, Wien
Burkhard Hose, kath. Hochschulpfarrer, Würzburg
Emmanuel Huemer SVD, Theologe, Berlin
Lea Hufnagel, Theologin, Hamburg
Maria Hungerkamp, Dipl.-theol., Stadtoase Krefeld
Prof. Dr. Claudia Janssen, Kirchliche Hochschule Wuppertal
Dr. Aurica Jax, Kath. Theologin, Münster
Dr. Wietske de Jong- Kumru, Studierendenpastorin, Rotterdam
Reinhard Kalker, kath. Pfarrer i.R., Jockgrim
Jakob Karim, Geistlicher Leiter des KjG Diözesanverbands Essen
Prof. Dr. Judith Könemann, WWU Münster
Nico Körber, KHG Landau
Dr. Christian Kern, TU Leipzig
Dr. Ferdinand Kerstiens, kath. Pfarrer em., Marl
Prof. Dr. Hans Kessler, JWG Universität Frankfurt a.M.
Dr. Andreas Knapp PFE, Leipzig
Eileen Krauße, Dipl.-theol. & Klinikseelsorge, Essen
Prof. Dr. Jürgen Kroth, Theologische Hochschule Vallendar
Johannes Krug, Ev. Vikar, Pohlheim
Prof. Dr. Andreas Kubik-Boltres, Universität Osnabrück
Dr. Christina Kumpmann, RWTH Aachen
Dr. Alexandra Lason, Kath. Theologin & Seelsorgerin, Münster
Prof. Dr. Ute Leimgruber, Universität Regensburg
Prof. Dr. Andreas Lienkamp, Universität Osnabrück
Dr. Claus F. Lücker, kath. Priester, Stadtoase Krefeld
Prof. Dr. Jürgen Manemann, Direktor des Forschungsinstituts für Philosophie Hannover
Julio Melara, Pastor de la Iglesia Luterana Costarricense, Costa Rica
Heiko Metz, Ev. Theologe, Marburg
Rebekka Neumann
AR Dr. Sebastian Pittl, Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Apl. Prof. Dr. Sabine Plonz, WWU Münster
Dr. Martin Pott, Pastoraltheologe, Aachen
Dr. Hermann Probst, kath. Pfarrer em., Rimsting
Lea Quaing, WWU Münster
Marie Raßmann, Kath. Theologin, Berlin
Dr. Kerstin Rehberg-Schroth, Pastoralreferentin in Gemeinde- und Hochschulseelsorge, Gießener Land und Friedberg
Frank Ritthaler, Ev. Pfarrer und Dozent, ptz Stuttgart
Dorothea Römischer, Pfarrerin i .R., Lauf a. d. Pegnitz
Felix Röskenbleck, kath. Theologe & Seelsorger, Frankfurt/ Oder
Prof. em. Dr. Thomas Ruster, TU Dortmund
Georg Sauerwein, Universität Innsbruck
Dr. Michael Schäfers, Referent für Politik und Strategie beim Bundesvorstand der KAB Deutschlands
Thomas Schmidt, Frankfurt
Stefan Schmitt, Em. Pfarrer, Meiringen
Claudia Schwegmann, Dipl. Theologin, Wedemark
Prof. Dr. Michael Schüßler, Eberhard Karls-Universität Tübingen
PD Dr. Stefan Silber, Vechta
Christoph Simonsen
Dr. phil. Elisabeth Steffens, Lateinamerikanistin & Ansprechpartnerin für das Frauenmissionswerk im Bistum Aachen
Dr. Christian Ströbele, Kath. Theologe, Stuttgart
Pierre Stutz, Theologe, spiritueller Autor, Osnabrück
Sara Sust, Pastoralreferentin, Solingen
AR Dr. Julian Tappen, Eberhard Karls-Universität Tübingen
Dr. Gregor Taxacher, TU Dortmund
Johannes Thüne, Universität Kassel
Matthias Vollmer, Dipl.-theol., Steinfurt
Marike Völkerding, Ev. Pfarrerin in Baunatal
Thomas Wagner, Haus am Dom, Frankfurt a.M.
Tobias Will, Jugendpastor in der Ev. Philippusgemeinde Köln-Raderthal und CVJM Köln-Süd
Prof. Dr. Gunda Werner, Ruhr Universität Bochum
Karl-Heinz Westermann, kath. Pfarrer, Mannheim
Lic. theol. Edith Wittenbrink
Judith Wüllhorst, Kath. Theologin, Münster
Dr. Kinga Zeller, Kiel
Befreiungstheologisches Netzwerk Tübingen:
Elisabeth Böckler
Rahel Brutscher
Lukas Dürrenberger
Anna Gewald
Jannes Ihben
Franziska Kober
Maximiliane Krämer
Leo Maucher
Franziska Moosmann
Franziska Söll
Sophie Zender
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#lützerathbleibt
English Version:
„Let not your heart be troubled!“ (John 14:1)
Theologians show solidarity with the protests against the eviction of Lützerath
On January 11, the police began to evict the village of Lützerath. It enforces thereby the claim of the energy company RWE, which wants to extend the opencast mine Garzweiler II. This is opposed in Lützerath by the entire German and parts of the international climate justice movement, which wants to prevent the remaining 280 million tons of lignite under Lützerath from being converted into electricity. Part of the resistance against the expansion of the Garzweiler II open pit mine is also the group „Kirche(n) im Dorf lassen“ (“Leave the churches in the village”, refering to a German saying), which has been continuously celebrating church services at the edge of the open pit mine since 2020, expressing its faith in the God of life who has heard the cry of the poor and the cry of the earth. „Kirche(n) im Dorf lassen“ is also on site these days to celebrate worship there in the face of conflict and destruction.
As theologians, we stand in solidarity with the peaceful protest in the Rhenish lignite mining area. In doing so, we are particularly inspired by the prophetic actions of the people of the initiative „Kirche(n) im Dorf lassen“, who should be a role model for all of us.
Lignite mining endangers the peace and well-being of many creatures worldwide, especially those who are marginalized. The expansion of the Garzweiler II open pit mine is violence against many people, especially in the global south, and all of our co-creation.
We are shocked by the images of clearance and destruction. We demand to follow up on the indications of fundamental rights violations already committed by the police, such as violations of freedom of the press and religion and the use of painful grabs. We call on the police to immediately stop the violence.
Despite the energy crisis, the expansion of open pit mining to Lützerath is not necessary and breaks the obligation under international law to comply with the 1.5 degree target.
Therefore, we join the demand for a moratorium on the evacuation of Lützerath, which has already been put forward in recent days by various parties – including Misereor, the Diocesan Council Aachen and the superintendents of the local church districts, as well as scientists for future and many other youth organizations of the churches.
Therefore we call on everyone, especially all theologians:
- If possible, to participate in the large-scale demonstration on 1/14-23 in Luetzerath.
- Wherever you are, join or organize solidarity actions in your cities and communities in support of the climate justice movement in Lützerath and beyond.
- Engage in conversation with students about the climate crisis in your courses and other formats.
- To recognize the climate crisis in your own theological work as the central sign of the times and to work with all your might to address this crisis in solidarity.
We address our word directly to „Kirche(n) im Dorf lassen“ and all those who are currently protecting Lützerath: For many, you are currently a sign of hope against all hope (Rom 4:18) in a crisis-ridden world. We want to let you know that you are not alone and encourage you to hold on to your trust in God’s good creation and the good life for all creatures. The Gospel of John tells how Jesus, before his arrest and eventual execution, encourages the disciples to hold fast to the common journey of the last years, even in the coming days of suffering and temporary failure: „Do not let your hearts be troubled! Believe in God and believe in me.“ (Jn 14:1) So too we want to encourage you and all local people – of whatever faith: Stand by your good powers to bring good news to the poor, release to the captives, and liberty to the brokenhearted (cf. Lk 4:18-19).
If you want to sign the paper, write an email to: Jan.collet@tu-dortmund.de