Was beschlossen ist, ist noch lange nicht getane Sache, so das Fazit von Franziska Kleiner zur dritten Synodalversammlung. In ihrem Beitrag lesen wir, welche Versprechungen es gab und was noch tatkräftig eingelöst werden muss.
Die 3. Synodalversammlung vom 3. bis 5. Februar hatte es in sich – eine gut gefüllte Tagesordnung, 14 Beschlussvorlagen und ein weitreichendes Hygienekonzept zum Schutz vor Ansteckung mit dem Corona-Virus.
Nach einem ersten Blick auf die Programmübersicht der drei Tage wurde schon im Vorhinein klar: Es wird spannend in Frankfurt. Die ersten Texte, so z. B. der Orientierungstext und Grundtext des Synodalforums zu Macht und Gewaltenteilung in der Kirche, gehen in die zweite Lesung und könnten damit final abgestimmt werden. Auch die Texte für die erste Lesung schienen die so dringend erwarteten Reformideen aufgenommen zu haben.
Aber dieser Eindruck allein ist es nicht, der die Vorbereitung auf die Synodalversammlung ausmacht. Wenige Tage vor dem Beginn der gemeinsamen Beratung mit über 200 Synodenteilnehmer*innen in Frankfurt am Main wird wieder ein Missbrauchsgutachten veröffentlicht. Diesmal aus der Erzdiözese München-Freising. Erneut gibt es Pressekonferenzen, die Betonung des Mitleids für die Betroffenen und einen emeritierten Papst, der Schlagzeilen macht, die sprachlos machen.
Gemischte Gefühle zu Beginn
Mit diesen gemischten Gefühlen ging es in die Synodenaula, die aufgrund des Lüftungskonzeptes alles andere als Wohlfühltemperatur hatte. Da halfen nur ausreichend Heißgetränke, die neben Schal und Jacke doch noch dazu führten, dass sich die Synodal*innen bis in die Abendstunden über inhaltliche Texte und Änderungsanträge verständigen konnten.
Am Ende des ersten Abends war bei der Mehrheit der Synodal*innen ein Aufatmen und die Erleichterung deutlich zu spüren und erste Erfolge konnten gefeiert werden: Der Orientierungstext und der Grundtext des Synodalforums I („Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“) wurden als erste Dokumente des Synodalen Wegs in der zweiten Lesung final angenommen.
Viele weitere Texte, vor allem viele Handlungsoptionen, bildeten die Beratungsgrundlage für die kommenden zwei Tage. Hin und wieder ein Kräuter- oder Früchtetee und dann wurde auch schon wieder das Stimmgerät bedient, mit dem Ergebnis, dass alle besprochenen Texte von der Versammlung angenommen wurden.
Ein Hin und Her mittendrin
Euphorie machte sich bei den meisten Teilnehmenden breit, doch gleichzeitig weiß man diesen Optimismus mit Vorsicht zu genießen. Denn nun müssen Taten folgen, vor allem Taten der Bischöfe. Die Beschlüsse müssen von ihnen in ihren Verantwortungsgebieten umgesetzt oder auf anderen Ebenen (Europäische Bischofskonferenz, Weltkirche, Vatikan) weiterverfolgt werden.
Und dann ist da noch Rom. Immer wieder drehte es sich in den Redebeiträgen darum, wie viel Veränderung wirklich möglich sei und was vom Vatikan nicht erlaubt oder geduldet werden könnte. Teilweise wurde von einem Paradigmenwechsel gesprochen, der die Anschlussfähigkeit der „neuen Überlegungen“ an die bisherigen lehramtlichen Aussagen unmöglich machte. Solche Stimmen sind blind für die Kontextgebundenheit theologischer Aussagen und verschließen Herz und Verstand vor Argumenten theologischer und humanwissenschaftlicher Forschung. Wie auch in den vergangenen Synodalversammlungen kamen Beobachter*innen der Versammlung zu Wort. Dieses Mal wurde dafür u.a. der Botschafter des Papstes in Deutschland, Nuntius Nikola Eterović, ausgewählt. Er betonte in seiner Rede vor allem, dass es Papst Franziskus um die Einheit der Gesamtkirche ginge. Dabei ging er auf das theologisch-spirituelle Prinzip der Unterscheidung der Geister in einer Synode ein, welches sich vom parlamentarischen Prinzip unterscheide und wie man zu (gottgeleiteten) Beschlüssen kommen sollte. Zu sexualisierter Gewalt innerhalb der Kirche in Deutschland, den neuen Gutachten, den vorliegenden Synodalbeschlüssen und seiner Wahrnehmung der Versammlung oder der Rolle von Betroffenen sexualisierter Gewalt beim Synodalen Weg sagte er nichts. Insgesamt ließ sein Beitrag aber nichts vom Reformwillen von Papst Franziskus erkennen.
Ein neuer Anfang
Umso bedeutender ist es, dass die deutschen Bischöfe ihre Beobachtungen, ihre Eindrücke und auch ihre Erkenntnisgewinne Papst Franziskus vortragen und sich immer wieder neu dafür einsetzen, dass sexualisierte Gewalt in der katholischen Kirche keinen Platz haben darf. Die getroffenen Beschlüsse des Synodalen Wegs werden dabei mit Sicherheit nur ein Anfang sein, aber sie können eine Grundlage bilden für eine Kirche, die transparenter, gerechter, näher bei den Menschen ist. Für eine Kirche, welche die Herzensanliegen Jesu tiefer zur Geltung bringt und damit mehr dem Evangelium Gottes entspricht. Dabei sollte nicht im Zentrum stehen, dass unsere Kirchen mit einer solchen Entscheidung wieder voller werden.
Vielmehr sollte es darum gehen, wie bei den anderen Beschlüssen des Synodalen Weges auch, dass sexualisierte Gewalt in der Kirche verhindert und angemessen aufgearbeitet wird.
Dabei werden die Menschenrechte zu einem Maßstab, hinter den wir nicht mehr zurückwollen.
Was am Ende bleibt
Es bleiben nach dieser Synodalversammlung viele Fragen offen, vor allem mit Blick auf die nächste Synodalversammlung im September dieses Jahres: Werden die Abstimmungsergebnisse wieder so positiv sein, wenn die Texte in die zweite Lesung und mögliche Abstimmung kommen und damit nochmal eine höhere Verbindlichkeit erreichen? Papier ist geduldig. Werden diesen Beschlüssen spürbare Konsequenzen folgen?
Wer wird sich dafür einsetzen, das Beschlossene auch umzusetzen? Wer hat im Nachhinein doch vielleicht Angst vor der eigenen Courage und hält dem Gegenwind nicht stand?
Es bleibt für alle herausfordernd beim Synodalen Weg. Man darf erwartungsvoll auf die kommenden Wochen und die vierte Synodalversammlung vom 8.-10.09.2022 in Frankfurt schauen.
Für mich jedenfalls war Gott selbst mit seinem Heiligen Geist in vielen Momenten, Gesprächen, Statements, Blicken und Gebeten deutlich spürbar.
Hashtag: #SynodalerWeg
(Beitragsbild: @alexas_fotos)
Spagat des Papsttums
Welch unglaublicher Spagat,
den ein Papst zu leisten hat!
Er soll echt zusammenbinden,
was wir weit getrennt heut’ finden:
Zeuge früher Anfangszeit,
soll zugleich er sein bereit,
Zeichen uns’rer Zeit zu deuten
und die Zukunft vorbereiten…
Wo denn spricht der Gottesgeist,
der den Weg der Kirche weist?
Nur in Traditionsurkunden,
die doch auch wohl zeitgebunden?
Nicht auch in gewachs’nem Wissen,
das wir mit bedenken müssen?
„Lehramt“ und „Unfehlbarkeit“ -,
sind vor Fehlern wir gefeit?
Klaus Lutterbüse