Raus aus der Komfortzone: Bei der dritten Synodalversammlung hat sich unsere Autorin Melanie Giering absichtlich an einen Tisch voller Bischöfe gesetzt. Ihre Schlüsse aus interessanten Gesprächen schildert sie in diesem Beitrag.

Fünf Bischöfe, drei junge Frauen – so setzte sich der Tisch zusammen, an dem ich über die Tage der dritten Synodalversammlung vom 3. bis zum 5. Februar während der Mahlzeiten saß. Sie waren die einzigen Zeiten, an denen wir in Frankfurt unsere Masken abnehmen durften, weshalb hier besondere Vorsicht und ein möglichst geringes Durchmischen der näheren Kontaktpersonen geboten war. Im Vorfeld hatte ich mit zwei anderen jungen Synodalen bereits einen Plan für die Auswahl unseres Tisches geschmiedet: Wir wollten gemeinsam einen Tisch mit möglichst vielen Bischöfen aufmischen. Wie der Zufall es so wollte, fiel uns sofort ein Tisch ins Auge, an dem noch genau drei Plätze frei und alle anderen ausschließlich mit Männern besetzt waren, die jeder einen schwarzen Anzug, ein Collarhemd und einen auffälligen Ring am Finger trugen – Bischöfe.

Wir setzten uns mit den Worten „Sie sehen so aus, als könnten Sie eine etwas höhere Frauenquote an Ihrem Tisch gebrauchen!“, und ernteten zustimmendes Gelächter und einladende Gesten. Die „alten weißen Männer“, die ich nicht zuletzt aufgrund ihres Äußeren erst einmal als konservativ und lebensfern abstempelte, entpuppten sich in den folgenden Gesprächen als interessante, lernfähige Gesprächspartner – und sie räumten mit so manchem Klischee auf.

„Können Sie kochen?“

Auf die provokative Frage, ob Bischöfe eigentlich selbst kochen können oder jemals allein ihre Wäsche machen, hatten es die Männer sehr eilig, uns drei jungen Synodalen von ihren Lieblingstätigkeiten im Haushalt zu berichten. „Ich mache immer meine eigene Wäsche!“, empörte sich ein Bischof über unsere Frage. „Vor allem bügele ich sehr gerne. Das mache ich immer sofort, wenn die Wäsche aus dem Trockner kommt – dann wird sie besonders glatt“, erzählte er weiter. Daraufhin hagelte es gleich aus allen Ecken Haushaltstipps und -präferenzen. Von Kochen über Staubsaugen bis zum Einkaufen war alles dabei. 

Dazu gesellten sich auch noch weitere Hobbies: Zu meiner Überraschung zückte ein Bischof sein Handy, um uns Fotos von seiner Sportgruppe zu zeigen. Seit 25 Jahren macht er jedes Jahr das goldene Sportabzeichen. Nur die Disziplinen wechseln: „Früher habe ich gerne Hochsprung gemacht, dafür bin ich jetzt aber zu alt.“ Um sich darauf vorzubereiten, trifft er sich wöchentlich mit ein paar nicht-geweihten Sportkameraden zum Training. Ehrlich gesagt überrascht es mich, dass ein Bischof ein Leben neben seinen kirchlichen Verpflichtungen hat und so einer weltlichen Freizeitbeschäftigung nachgeht. Gleichzeitig beeindruckt es mich – immerhin war ich es, die sich offensichtlich ein voreiliges Bild vom bischöflichen Dasein gemacht und die Männer in Schubladen gesteckt hatte.

So ein Bischof ist auch nur ein Mensch

Im Nachhinein bin ich sehr froh über dieses Gespräch. Obwohl wir an unserem Tisch auch über deutlich ernstere, kirchenpolitische Themen gesprochen haben und beispielsweise hitzige Diskussionen über Schwangerschaftsabbrüche geführt haben, sind es vor allem die kleinen Einblicke in die Privatleben der Männer, die mir im Gedächtnis geblieben sind.

Vor allem eines nehme ich mit: Priester, Bischöfe, geweihte Häupter – das sind alles Menschen. Genau wie Du und ich wissen sie manchmal nicht, was sie kochen sollen, müssen sich neue Sportschuhe zulegen oder sorgen sich um kranke Familienangehörige. Auch sie wären sicher nicht ungern Familienväter geworden und hätten eine Ehe geführt. Und trotzdem haben sie sich für lebenslange Enthaltsamkeit und den Dienst im Namen Jesu entschieden.

Schwierige Priesterbilder

Gleichzeitig merke ich, wie unnatürlich und ungesund ein überhöhtes Bild von Priestern und deren an einigen Stellen ungeteilte Macht sind. Als Menschen sind sie ganz genau so fehlbar und verletzlich wie Nicht-Geweihte auch. Wieso und wie sollten sie deshalb eher zum Weiheamt befähigt sein als andere? Dass Männern, die sich zum Priesteramt berufen fühlen, diese Aufgabe und die damit verbundene Verantwortung eher zugetraut wird als anderen Menschen mit derselben Berufung, finde ich völlig unverständlich. Auch halte ich es für gefährlich: Daraus resultiert eine völlig unrealistische und unerfüllbare Erwartungshaltung an die Priester – auch von ihnen selbst.

Noch ein anderer Aspekt stört mich an dem speziellen Anforderungsprofil des Priesterberufs. Hätte ich die Wahl, wem ich mich eher anvertrauen möchte: einem, von meinem Standpunkt aus gesehen, relativ alten Mann, der alleine wohnt, keine Familie haben darf und zölibatär leben muss, oder einem Menschen, der nachvollziehen kann, wie es ist, sich mit seinen Kindern zu streiten, öffentlich mit der eigenen (sexuellen) Identität zu ringen oder über eine Trennung hinwegzukommen, und der bei all dem trotzdem einen Glauben hat, der stärker ist als alles andere? Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber ich würde mich definitiv für Letzteren entscheiden.

Gesucht: Seelsorge auf Augenhöhe

Priester sollen Seelsorger sein, den Menschen und ihren Problemen auf Augenhöhe begegnen, und mir, einem verletzlichen Menschen voller Fehler, die Liebe Gottes und die Geborgenheit, die ich im Glauben finden kann, trotzdem zusichern. Meine Tischgemeinschaft in Frankfurt hat mir gezeigt, dass in vielen Bischöfen und Priestern ein großes Potenzial steckt, den Menschen viel näher zu kommen, als es jetzt durch die Anforderungen an diesen Beruf möglich ist.

Zum Glück bringt der Synodale Weg auch, was das priesterliche Leben angeht, eine echte Chance auf Veränderung. Bei der dritten Synodalversammlung haben wir beispielsweise in erster Lesung mit einer Mehrheit einen Text verabschiedet, der sich mit der Ehelosigkeit im Dienst des Priesters und einer möglichen Öffnung des Pflichtzölibats hin zur Ehe als ebenfalls mögliche priesterliche Lebensform beschäftigt.

Meine große Hoffnung ist, dass es nicht bei einem Text bleibt, sondern endlich das Potenzial darin erkannt wird, das Priester(*innen)amt für mehr Freiheiten und alle berufenen Menschen zu öffnen.

Hashtag: #SynodalerWeg


(Beitragsbild: @greg_rosenke)

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melanie giering

ist 20 Jahre alt, kommt aus Hamburg und studiert Kulturwissenschaften. Seit einigen Jahren ist sie ehrenamtlich in der Jugendarbeit ihrer Heimatgemeinde aktiv. 2019 wurde sie vom BDKJ als eine der 15 unter 30-Jährigen Mitglieder für die Synodalversammlung ausgewählt.

One Reply to “Synodengänger*innen: Bischöfliche Haushaltstipps”

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