Das Dekret der Glaubenskongregation zur Segnung homosexueller Paare hat für Furore gesorgt. Magdalena Bachleitner beschreibt, warum das Thema LGBTQIA* in der Jugendpastoral für Katholische Jugend Österreich wichtig ist.
Katholische Kirche und queere Menschen, das sind oft zwei, die nicht zusammenkommen. Das im März dieses Jahres veröffentlichte Dekret der Glaubenskongregation, das die Segnung homosexueller Paare verbietet, ist nicht nur die neueste öffentliche Auseinandersetzung zu diesem Thema. Sie zeigt auch die tiefen Gräben auf, die innerhalb der katholischen Kirche verlaufen. Die Katholische Jugend Österreich (KJÖ) hat bereits seit 2016 eine klare Haltung: Im Positionspapier Sexualität sprechen wir allen Partnerschaften, die in Liebe, Treue und Verantwortung füreinander eingegangen werden, egal welchen Geschlechts, Unterstützung aus. Die heutige Lebensrealität vieler Jugendlicher und junger Erwachsener hat mit dem homofeindlichen Narrativ des Vatikans nur noch wenig gemeinsam.
Multiplikator*innen und Jugendleiter*innen der Katholischen Jugend erleben in ihrer Arbeit sowohl Diskrepanzen als auch Vereinendes zwischen der katholischen Lehre, der Vermittlung der Lehre und den Lebenswirklichkeiten der Jugendlichen. Sich dem Spannungsfeld zu stellen, es bewusst anzunehmen und praktische Konsequenzen daraus zu ziehen, ist vor allem in der Jugendpastoral unumgänglich. Unter Berücksichtigung naturwissenschaftlicher und humanwissenschaftlicher Erkenntnisse, gilt es aufzuzeigen, wohin Kirche gehen soll und muss.
Jugendpastorales Handeln zielt darauf, dass der junge Mensch zu dem Menschen werden kann, der er sein will und als der er von Gott gewollt ist. Der junge Mensch muss befähigt werden, die eigene Identität zu entwickeln. Vor allem in der Pubertät durchlaufen Jugendliche komplexe Veränderungen, die sie in ihrem Selbstverständnis vor unterschiedliche Herausforderungen stellen. Jugendliche werden und handeln zunehmend selbstständiger, sowohl in sozialer, psychischer und physischer, als auch in spiritueller Hinsicht.1
Das Positionspapier stellt das Thema Sexualität in den Kontext des christlichen Menschenbildes:
„Das Bild des Menschen in der Schöpfungsgeschichte ist das des (geschaffenen) Geschöpfes, das aber nicht alleine bleibt und sich nicht einfach selbst genügt. Die Subjektwerdung des Menschen vollzieht sich am Gegenüber – an Gott und am Menschen. Der Mensch ist auf Gemeinschaft hin ausgerichtet.“
Was heißt das nun, in Gemeinschaft zu leben?
Es kann doch nicht sein, dass die Gemeinschaft eine ist, in der Ungleichheit an der Tagesordnung steht und diese nach Geschlecht hin unterschiedlich bewertet wird! Gleichberechtigung bedeutet, geschlechtersensibel zu denken, unterschiedliche Bedürfnisse zu berücksichtigen und von Lebenswirklichkeiten und Handlungsräumen von Menschen in ihrer jeweiligen Individualität auszugehen. Das Streben nach Gleichberechtigung, nicht nur „zwischen, sondern auch innerhalb der Geschlechter”2, ist oberstes Ziel.3
Denn die Debatte darf nicht bei der Segnung homosexueller Paare aufhören. Geschlechtergerechte Sprache, welche andeutet, dass es jenseits der binären Geschlechter Frau und Mann noch viele weitere Optionen gibt, muss diskutiert werden. Genauso müssen wir als KJÖ stets bereit sein, unsere eigenen Strukturen im Bewusstsein, dass wir in einer Welt groß werden, die noch nicht geschlechtergerecht ist, zu reflektieren. Das fängt bei Redebeiträgen an und hört mit Überlegungen zum Weihesakrament für Frauen* nicht auf.
Die Katholische Jugend respektiert und wertschätzt alle von gegenseitiger Liebe getragenen, auf Dauer ausgerichteten, in Treue eingegangenen und mit Verantwortung für das Gelingen übernommenen zwischenmenschlichen Partnerschaften, egal welchen Geschlechts, und hält diese für schützenswert. Wir wollen Jugendliche dazu ermutigen, die von ihnen gewählte Art der Partnerschaft so zu leben, dass sie von respektvollem Umgang miteinander, Verantwortung und gegenseitiger Achtsamkeit getragen ist.4
Die Jugendsynode 2019 hat vor allem in internen Gesprächen gezeigt, dass das Thema LGBTQIA* weltweite Relevanz hat und Zukunftsthema auch innerhalb der KJÖ sein muss. Wir merken, dass LGBTQIA*-relevante Thematiken nicht festgeschrieben werden können. Nein, sie sind genauso prozesshaft, wie wir Menschen, wie die Kirche, ein Wandel im Laufe der Zeit.
Was bedeutet LGBTQIA* für die Katholische Jugend?
Wir müssen den Finger in die eigenen Wunden legen und konkret auf unsere Planungen, Weiterbildungen etc. schauen, um auch hier inklusiver zu werden. Deshalb hat sich 2019 das Team Geschlechtergerechtigkeit auf Bundesebene der Katholischen Jugend Österreich formiert und sieht hier auch vor allem auf die strukturellen Abläufe katholischer Jugendarbeit im Verein, aber auch in der Umsetzung von Projekten.
Erste Schritte, um innerhalb der KJÖ die Themen LGBTQIA* zu bearbeiten, sind gesetzt. Mit dem Einsatz einer Regenbogen-Pastoral und dem Aufbau einer entsprechenden Website mit Materialien und Unterstützungsangeboten, ermöglichen wir allen Haupt- und Ehrenamtlichen einen einfachen Zugang zum Thema queer sein und Kirche. Unter www.katholische-jugend.at/regenbogen ist die Regenbogen-Pastoral zu erreichen. Wir wollen damit erste Schritt hin zu einer Kirche gehen, die wirklich für alle da ist, Homofeindlichkeit hinter sich lässt und für die Anerkennung von LGBTQIA*-Rechte eintritt.
Warum wir das alles machen? Weil auch das alles Lebensrealität katholischer Jugendlicher ist. Punkt.
Hashtag der Woche: #pastoralpride
(Beitragsbild: KJÖ)
1 Vgl. „Bericht zur Lage der Jugend in Österreich“, S. 27ff. bzw. S.49ff. (Stand: 1.3.2016)
2 Gender und Gendermainstreaming. Material- und Methodenmappe für geschlechtergerechtes Arbeiten in der KjG, S. 5.
3 Vgl. Amoris Laetitia, 286.
4 Für die Katholische Jugend steht außer Frage, dass diese Partnerschaften natürlich immer an gesetzliche Rahmenbedingungen gebunden sind und diese nicht überschreiten dürfen.30