Vor einiger Zeit hat Max Pilger Überlegungen angestellt, warum es ihn in die Pastoral zieht und er zugleich von der Arbeitgeberin Kirche abgeschreckt wird. Isabelle Molz berichtet nun, warum sie (immer noch) gerne Pastoralreferentin ist.

Auseinandersetzung als Berufsethos?

„Als Pastoralreferent*in macht man ja so einiges mit.“ Diesen Satz formulieren einige meiner Kolleg*innen sehr oft und bei manchen scheint es eine Art Mantra zu sein. Aber warum eigentlich? Seit ich im September 2009 mit der Berufseinführung begonnen habe, mache auch ich so einiges mit. Das klingt zwar richtig platt, ist jedoch wirklich so. Aber wer denkt, dass ich jetzt darüber schreibe, warum es in der heutigen Zeit so schwer ist, für die katholische Kirche zu arbeiten, hat sich getäuscht. Darum geht es mir nämlich gar nicht, denn ich möchte einfach mal loswerden, warum ich gerne Pastoralreferentin bin. Das heißt nicht, dass ich mich nicht kritisch mit den Macken meiner Arbeitgeberin auseinandersetze, aber für heute soll das mal nicht an oberster Stelle stehen.

Mein berufliches Dasein ist ohnehin von einer ständigen Auseinandersetzung geprägt. Das begann schon im Studium, denn bereits dort habe ich mich an das Geräusch der sich öffnenden Schublade in den Köpfen vieler Menschen gewöhnen müssen. Theologie scheint nichts Handfestes zu sein, etwas für Schöngeister, für Tagträumer*innen und für alle, die den NC in anderen Fächern nicht schaffen. Aber mal ehrlich: Wer lernt freiwillig drei Sprachen? Das Studium hat mich begeistert und fasziniert und ich hatte die Möglichkeit, mir aus vielen verschiedenen Denkweisen meine eigene zu bilden. Sich kritisch mit zeitgenössischen Themen auseinanderzusetzen und als Theologin dazu eine Meinung zu haben, das ist etwas, das ich in meinem Studium gelernt habe. Gerne hätte ich im beruflichen Alltag mehr Zeit, mich auch heute noch in dem Maß mit theologischen Themen zu befassen, wie ich es gerne täte. Das ist vielleicht das einzige, was ich in diesem Artikel dem System „Pastoral“ zu Lasten lege: Wohin mit den Pastoralreferent*innen, die gerne Theolog*innen sind und nicht mit dem Studienabschluss jegliche theologische Gedankenübungen ad acta legen wollen?

Von Klischees und Vielfalt

Als ich zugesagt habe, dass ich etwas über meinen Beruf schreibe, habe ich mir die Zeit genommen und zurückgeschaut, welche Themen mich in den letzten Jahren beschäftigt haben. Ein durchgängiges Thema ist die Frage, wie ich mich am besten von der Masse abhebe. Bloß nicht dem Klischee entsprechen, das war meine Devise und wenn ich ehrlich bin, dann ist sie es bis heute geblieben. Pastoralreferent*innen sind Ökos, tragen Batikklamotten und haben grundsätzlich einen schlechten Geschmack. Alles Äußerlichkeiten – und ich muss wirklich sagen, dass ich einige Klischee-Kolleg*innen kennengelernt habe; an ihrer fachlichen Kompetenz zweifle ich deswegen nicht. Sie schaffen es, Menschen anzusprechen und zu begeistern, sind gute Theolog*innen.

Mit der Zeit habe ich selbst immer wieder festgestellt, dass  auch ich aus der Reihe schlage und das manchmal gar nicht so gut finde – ich bestehe darauf, auch als Theologin wahrgenommen zu werden, ich arbeite nicht in der Seelsorgeeinheit und ich gehe gerne in die Schule. Dabei ist es doch wichtig, so höre ich das immer wieder von Kolleg*innen, dass Pastoralreferent*innen eben nicht verkopfte Theolog*innen sind, dass die Pastoral vor Ort am wichtigsten ist und dass man schon gar nicht nah am Ordinariat arbeitet (was man scheinbar automatisch tut, wenn man auf Diözesanebene tätig ist). Pastoraler Knockout und ein No Go für manche, aber ich habe mich damit zurechtgefunden, denn das bin ich und das passt zu mir. Wir sind einfach alle unterschiedlich und das macht meine Berufsgruppe aus. Wir können alle unsere individuellen Charaktere und Talente einbringen und vor allem sprechen wir ganz verschiedene Menschen an. Klingt pastoral, ist aber so. Wir müssen nur noch ein bisschen lernen, dass wir diese Vielfalt als etwas Positives sehen, und diese Unterschiedlichkeit an uns zu schätzen beginnen.

Kein schlechter Priester-Verschnitt

Die drängendste Frage jedoch ist jene: Warum bin ich eigentlich so gerne Pastoralreferentin? Warum ist es wichtig, dass es uns gibt? Zuerst möchte ich mit einem Vorurteil aufräumen: Pastoralreferent*innen gibt es nicht, weil es zu wenig Priester gibt. Pastoralreferent*innen sind auch nicht jene, die auf dem Weg zur Weihe eine Frau kennengelernt haben oder die als Frauen die Weihe nicht empfangen dürfen. Wir sind Menschen wie viele andere auch und wir unterscheiden uns in unserer Lebensform – wir leben in Familien, in Beziehungen und alleine und genau diese Lebenserfahrung bringen wir in unsere pastorale Arbeit ein. Wenn das in den Köpfen einiger Menschen ankommen würde, dann könnten wir auch endlich mal aus der Ecke heraustreten, dass Pastoralreferent*innen eine Notlösung sind oder dass wir weniger wert sind als ein Priester.

Pastoral zu sein ist Auszeichnung, nicht Beleidigung

Die Frage, warum man gerne Pastoralreferent*in ist, muss jede*r von uns für sich selbst beantworten. Ich habe für mich folgende Antwort gefunden: Es gibt für mich nur wenige andere Berufe, in denen ich Menschen so nahe bin. Ich begleite sie in Situationen, die in ihrem Leben eine Wende einläuten und in denen es wichtig ist zu wissen, dass man nicht alleine ist. Pastoralreferent*innen sind dabei, wenn auf dem Zeltlager das Heimweh getröstet werden muss und wenn beim Fußballspiel noch jemand fehlt. Sie sind dabei, wenn Jugendliche den Sinn in ihrem Leben suchen und sich fragen, wie es nach der Schule weitergehen soll. Sie versuchen Antworten zu geben auf Fragen, bei denen andere keine Antwort mehr geben können. Pastoralreferent*innen sitzen an Krankenbetten, begleiten Menschen, die aus unserer Welt gehen und halten den Schmerz und die Trauer der Angehörigen aus. Für mich hat mein Beruf die ganze Kraft und Fülle des Lebens in sich und ich darf am Leben Anderer in existenziellen Situationen teilhaben. Nur so konnte ich schon einige Menschen kennenlernen, die ich sonst nicht kennen würde. Sie sind Teil meines Lebens geworden und ich ein Teil ihres Lebens.

Das klingt jetzt alles sehr pathetisch und ich höre bereits die Hände, die an die Stirn klatschen, untermalt mit den Worten „Das ist aber pastoral!“. Ja, das ist es, aber solange ich als Pastoralreferent*in in den oben genannten Situationen sprachfähig bin, solange ich mich nicht verstelle, um mich der Zielgruppe anzubiedern, solange ich weiß, wann ich spreche und wann ich besser schweige, solange ich auch einfach mal zuhöre, solange werden sich Menschen an mich wenden und solange bin ich nicht die pastoralsäuselnde Pastoralreferentin, der eh schon niemand mehr zuhört geschweige denn die man ernst nimmt. Das Ganze lässt sich auch in einem Satz sagen: Ich bin gerne Pastoralreferentin, denn ich kann einfach Mensch sein, so wie ich bin. Da mache ich „gerne so einiges mit“ und gerade dieser Satz gewinnt für mich immer mehr an Bedeutung und Inhalt.

Hashtag der Woche: #dagehtsoeiniges

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isabelle molz

hat an der Universität Freiburg Theologie studiert. Sie ist Pastoralreferentin im Erzbistum Freiburg und Doktorandin (Liturgiewissenschaft) an der Theologischen Hochschule in Chur/Schweiz.

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